«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

3/03/2010

von der Mode zum Film


(Quelle: lipsticktracez)
Tom Ford ist Designer, besser gesagt, Modedesigner. Er war Jahre lang für Gucci zuständig, bevor er sich nur noch seiner nach ihm benannten Marke widmete. Wie so vielen Persönlichkeiten wurde es auch ihm irgendwann zu eng und er wagte sich auf neues Terrain, und zwar zum Film. Laut eigener Aussage ist Mode schnelllebig und vergänglich. Mit einem Film wollte er etwas bleibendes schaffen.
Bereits am 24. Februar kam Tom Fords erster Film "A single man" in die französischen Kinos. Wer sich den Trailer ansieht, dem fallenzunächst Ästhetik, perfekt sitzende Smokings, aufs kleinste Detail hin eingerichtete Interieurs, In-the-mood-for-love ähnliche herzzerreißende Streichermusik und insbesondere schöne Menschen auf.
Der Titel des FIlms könnte auch A day in a single mans life lauten. Wir erleben George Falconer, Professor für englische Literatur, was sonst, an einem Novembertag 1962. Wir erfahren, dass sein langjähriger Partner Jim gestorben ist. Falconers Alltag scheint leer und bestens organisiert. Er wandelt durch seinen minutiös durchdachten Tagesablauf, an dessen Ende ihn ein ebenfalls wohl bedachter Selbstmord erwartet. Natürlich kommt es anders, denn Falconer wird von einem seiner Studenten angesprochen...
Nun ist man verständlicherweise zunächst einmal skeptisch gegenüber sogenannten Allround-Mode-Kunst-Medien Persönlichkeiten, die alles mal ausprobieren möchten und auch noch die nötige Portion Arroganz mitbringen. Doch das Endergebnis ergibt in diesem Fall ein überraschend gutes Bewegtbild (auch wenn leider die schönsten Bilder bereits im Trailer verpulvert werden), in dem ein paar Dinge besonders gefallen haben: die übertrieben stilisierten Erinnerungssequenzen, die Farbharmonien und die künstlerischen Aufnahmen. Was die Farben und die perfekte Abstimmung des Sets und der Kleidung angeht, hat man von Ford nichts anderes erwartet. Es war das mindeste, das er machen musste. Aber ich gebe zu, dass ich am Anfang eher skeptisch demgegenüber war, es war mir irgendwie zu gewollt, zu perfekt, fast übertrieben (wenn sich George in den Schnee neben seinen sterbenden Freund legt). Ich hatte manchmal das Gefühl, eines der vielen neuen Lookbok-Fashion-Videos zu sehen, die allerorts im Moment gedreht werden, hip, perfekt inszeniert und ein Augenschmaus, wenn auch manchmal ein kitschiger. Aber vor dem HIntergrund des Buches und der Geschichte, passt Fords Blick mitlerweile ins Bild.
(Quelle: photogallery.filmofilia)
Und dann ist da auf einmal dieser "blonde Jüngling" (Nicolas Hoult, der natürlich nun auch Campagnenmodel für Ford ist), frisch aus dem Ei gepellt und unerreichbar cool und geheimnisvoll und schwul, was das wichtigste hier ist.Mir sind bisher wenige Filme untergekommen, in dem Homosexualität so direkt Dreh und Angelpunkt der gesammten Geschichte ist. Kein einziges Mal geht es für irgendeinen der Protagonisten um die Liebe zu einer Frau, es werden keine 'Heteros' gezeigt oder angesprochen. Beim Tennis stehen nicht die kurzen Röcke der Frauen, sondern die nackten Oberkörper der Männer im Vordergrund. Ein Film für die Augen, in dem ganz einfach die Liebe zweier Männer, besser gesagt eines Mannes zu Männern, im Mittelpunkt steht und die von Colin Firth sehr überzeugend dargestellt wird. Und daneben wirkt die Verzweiflung von Georges bester Freundin Charlotte (ebenfalls Single), die sich hinter mehreren Schichten Sixties-Make-up versteckt, gleich noch stärker.
(Quelle:bet.com)
Kleines Amerika Detail: Sex kommt natürlich nicht vor, klar...
Ah, ein negatives Detail, wenn es denn schlecht sitzende Details gibt, war für mich in einigen Teilen die Musik. Wie schon erwähnt, hörte sich die Dauerschleife zu sehr nach In the mood for love an. Etwas mehr Variation hätte mir gefallen. Andererseits passt es auch ganz gut zu der auswegslosen Situation von George, dessen selbstbestimmten letzten Tag wir erleben, an dem bis aufs letzte Detail alles geplänt gewesen wäre.
Ganz einfach ein sehr ästhetischer Film, manchmal vielleicht etwas zu sehr.
Das Buch schrieb übrigens Christopher Isherwoods und das schon 1964. Isherwoos lebte 33 Jahre mit seinem Freund zusammen (die langjährige Beziehung zwischen George und und Jim) und engagierte sich im US-Gay-Right Movement.

So und nun raus in die Frühlingssonne, irgendwie muss man sie ja zum Bleiben motivieren!

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