«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

3/18/2011

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Ich wollte auf ein paar Artikel in der am Mittwoch erschienenen Zeit (im Feuilleton) hinweisen, die mir gut gefallen haben, da sie sich mit dem aktuellen Zeitgeschehen von Seiten der Kulturwissenschaften, Kunst oder Literatur nähern. Die erste Auffassung passt dementsprechend auch sehr gut ins Internet und die Welt der Bilder (also auch der Blogs), in der wir leben, denn Florian Illies thematisiert in seinem Artikel den Iconic Turn von Gottfried Boehm. Die Macht der Bilder, die unser Jahrhundert, und die berichtenden Medien somit natürlich auch, dominiert. Illies macht auf die Verbindung zu dem Emblem japanischer Kunst aufmerksam, dem Holzschnitt Die Welle von Kanagawa von Katsushika Hokusai aus dem Jahr 1832. Dieses Bild wurde fälschlicher Weise von westlicher Seite oft als unberechenbare Naturkatastrophe interpretiert. Im Grunde waren jedoch die kleine Boote, die der Welle standhalten konnten, das Faszinierende. Im Sommer wird der Holzschnitt im Martin-Gropius Bau zu sehen sein, was wir sehen werden wird jedoch ab jetzt von neuen Bildern bestimmt und überlagert. Zu einer Einheit zwischen Mensch und Natur wird kein Gedanke aufkommen.
Iris Radisch bespricht das nicht-vorhandene Drehbuch der Natur, im Gegensatz zu unseren Film- und Fernsehfiktionen und ihrer unvorhersehbaren Macht, die einem schlagartig wieder klar geworden ist, obwohl sie die ganze Zeit vorhanden war. 
Lorenz Maroldt, der auf Zeit.de mit einem Artikel aus dem Tagesspiegel verlinkt ist, verurteilt seinerseits die erschreckend unterhalterischen Beiträge einiger Fernsehsender, die über die Verwüstung tragische Musik laufen lassen, als Versuch, den Zuschauer aufzufangen. Im Gegenteil wird ihm dadurch jegliche Eigenreflektion genommen und das Schuld- und Trauergefühl in gewisser Weise fiktiv. Was dort passiert, erzählen die Bilder zu Genüge.
Im Feuilleton wurde außerdem ein Artikel einer japanischen Theaterregisseurin veröffentlicht, in dem sie in einer Mail schreibt, dass sie die Welt nicht mehr so denken und sehen wird, wie sie sie bisher gedacht und gesehen hat. Angesichts all der Dinge, die über einen verrückten Diktator in Lybien bis nach Japan im Augenblick geschehen, kann ich dem zustimmen. Wie wir damit umgehehn werden, wird vielleicht etwas verändern, vielleicht aber auch nicht. Und schließlich ist da noch Christa Wolf, die erschreckend nüchtern, aber realistisch feststellt, dass die Literatur es nicht sein wird, die die Menschen retten kann. Das hat sie schon nach ihrem Buch Der Störfall festgestellt, das sie nach dem Unglück in Tschernobyl geschrieben hat. Trotzdem könnte sie sich mit einer "Utopie als Lebensnotwendigkeit" einverstanden geben, auch wenn die wohl von verschwindend wenigen gelebt würde. Wohl eher tritt, ihrer Ansicht nach, wieder Vergessen ein.

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