«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

5/22/2011

phänomene

es ist eines der phänomene, das sich in den letzten jahren via internet und blog-aufkommen verbreitet hat. die jungfotografin, die analoge, romantische, dunkle, verträumte, sepia-gefärbte oder realistisch wirkende einblicke in ihre leben eröffnet, dabei sich selbst fotografiert, ihre freunde, ihre umgebung, und so persönliche tagebuch-fotostrecken erstellt. dabei ist nicht nur erstaunlich, dass die fotos zum teil wirklich sehr schön (bzw. wirklich zu schön) sind, sondern auch, dass die fotografinnen allesamt sehr jung sind. 
die galerie stephanie bender in münchen hat am 6. mai (bis 4. juni) die gruppenausstellung visual diaris/girls eröffnet. junge fotografinnen, die ihre bilder bisher ausschließlich über das internet veröffentlichen. sehr passend wird die ausstellung mit einem zitat von nan goldin eingeleitet:
„Ich möchte zur selben Zeit kontrolliert und unkontrolliert sein. Das Tagebuch ist meine Form der Selbstkontrolle. Es ermöglicht mir wie besessen jedes Detail festzuhalten. Es erlaubt mir mich zu erinnern.“
die jungfotografinnen, die teilweise mit ihren visuellen tagebüchern tiefen einblicke in ihre privaten und seelischen sphären ermöglichen, wurden mitlerweile auch von den noch "fassbaren" medien entdeckt. so bat das zeit-magazin in der letzten woche die 16 jährige amerikanerin olivia bee. das dossier des magazins stellte die frage der richtigen erziehung, wann ist man eine gute mutter. begleitet wurde der artikel von portrait-aufnahmen von bee und ihrer eigenen mutter.
© olivie bee, via zeit-magazin

bee hat mir ihren 16 jahren bereits ein beträchtliches fotoarchiv in ihrem portfolio, in der die klassiker fashion oder themen wie lovers, quiet oder everyday nicht fehlen. immerhin bleibt es die welt einer jugendlichen, egal wie ernst oder intensiv sie sich mit der fotografie auseinandersetzt.
die in der gallerie bender ausgestellten fotografinnen stammen aus allen ecken der welt: portugal, finland, china, mexiko, usa, russland, spanien, argentinien, schweden, holland oder england. einige haben ihre arbeit bereits auf video ausgeweitet, stellen in anderen gellerien aus oder verkaufen ihre fotos. man sieht blümchenkleider, sonnenuntergänge, jungs, feiern, verträumte blicke, einsame blicke, manchmal wohl durchdacht und kadriert, manchmal anscheinend eher spontan geknipst.
wie nan goldin wollten diese frauen zunächst einfach momente festhalten, die ihnen wichtig waren, aus angst sie zu verlieren oder zu vergessen. indem man nun diese erinnerung im internet teilt, macht man die erinnerung einerseits zu einer festen sache, die nicht mehr verloren geht, andererseits gibt man aber auch die eigene verantwortung für die erinnerung ab und auf, denn man muss sich nicht mehr selbst erinnern.
© Florencia Serrot, Argentinien
© Madi Ju, China
© Olga Perevalova, Russland
© Sophie van der Perre, Holland
© Madi Ju, China
© Agnes Thor, Schweden
einige der fotografinnen haben, finde ich mit laienblicken betrachtet, wirklich potential, andere sind schön anzusehen, aber es gibt die bilder oft in so vielen varianten, wiederkehrende stimmungen, die alle zwischen melancholie, romantik und trauer schweben, dass man ihrer schnell auch überdrüssig werden kann.

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