«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

8/30/2011

nächtliches nachwort

ich boykottiere ab nächstem jahr die lange nacht der museen, zumindest in berlin. ahh, da plant man so schön, sich nachts um 12 die dame im hermelin anzusehen und dann das: det bode macht dieses jahr net mit. die hatten kenen bock mehr. so teilte es uns zumindest der fälschlicherweise von allen touristen als museums-experte verstandene mann mit, der vor seinem mini-fernseher im waggon neben der insel-baustelle seine feierabendstulle genoss. überhaupt, information gab es wenig an diesem abend. gut, ich war auch nur an zwei orten, aber gerade um die museums-insel hatte ich mir irgendwie mehr lange-nacht-guideline vorgestellt. andererseits entstand auch ein sehr ästhetisch absurdes menschen-ballett aus touristen, glücklich kulturellen älteren ehepaaren, jugendlichen und weniger jugendlichen verliebten pärchen, die alle "mal nachts ins museum wollten", immerhin. etwas verwirrt wanderte man so um die bauzeune, machte neben dem bode auch vor der alten nationalgalerie kehrt und las vor dem neuen museum: nimmt nicht an der langen nacht teil...unfreiwillig wurden so die brezelverkäufer an der ecke zu infoständen und halfen den familien mit kindern ihren kulturabend noch in einen halbwegs-erfolg zu verwandeln.
keine renaissance gesichter im mondschein, dann eben japanische druck- und schnitzkunst. und da berlin den regen gnädigerweise ab halb 9 wieder einstellte, konnte man auch gemütlich unter den linden entlang wandern, wunderbar. erstaunlich, was sich danach auf der friedrichstraße tat, musik bei mercedes benz, ehefrauen, die sich begeistert vor dem porsche-schaufenster fotografieren ließen und auch bei vw standen die mitarbeiter wie wachsfiguren vor den autos und präsentierten die neuesten technischen errungenschaften. dann doch lieber window-shopping vor der galerie lafayette, die schaufensterpuppen wissen wenigstens nicht, was sie tun, obwohl, wissen das die andern denn? weiter ging der spaziergang über den checkpoint charlie, wo sich rucksacktouristen mit guten laufschuhen ausgestattet für die obligatorischen grenzfotos in pose warfen. 
am anhalter bahnhof schließlich, an der topographie des terrors vorbei, die sicherlich interessant, aber vom namen nicht zum entspannten mitternachtsbesuch passte, ging es in den martin gropius bau, zur hokusai-ausstellung. den eintritt von 10€ für nur eine ausstellung am abend schnell verdrängend, wurden wir in grüppchen durch den eingang geschläußt und abgesehen von den furchtbaren bildunterschriften, ist es eine sehr schöne ausstellung, wenn man sich für asiatische kunst und farbdrucktechnik begeistern kann. hokusais bilder sind unglaublich detailreich und haben gleichzeitig, und dies besonders durch ihre farben, etwas sehr beruhigendes. von der welle bis zu den fuji ansichten sind die großen klassiker alle dabei und es wird lang und breit durch jede lebensphase des japanischen künstlers geführt, vielleicht teilweise etwas zu lang und repetitiv. am interessantesten wird es zum ende hin, besonders auch durch die manga-comic bücher, bei denen der name leider schon fälschlicherweise durch zu viele fernsehcomics geprägt ist.
zum abschluss wird dem wohlgesinnten besucher dann noch ein video gezeigt, in dem ein japanischer künstler in die handwerkliche kunst des holzschnitts und anschließendem farbdruck einführt. wenn der schlechte, nicht nur akustisch, englische kommentar nicht wäre, der eher an einen do it yourself videokommentar hinweist. die kunst bleibt dabei zum glück sehr schön und faszinierend. wo wird so ein altes handwerk noch ausgeübt, mit so viel geduld und präzision. magnifique und in japan/asien  anscheinend nichts besonderes. hokusai war massenkunst. die nacht der museen ist es auch, aber gelohnt hat es sich, besonders dank wunderbarer begleitung und etlichen schönen anekdoten des berliner nachtlebens, trotzdem. nicht zuletzt wegen des museumsshops. wer möchte nicht mal bis halb 2 ungestört durch die buchreiehn wandern...

Album mit 10 Malereien, um 1834-39, Malperiode Gakyo rojin Manji, © Katsushika Hokusai Museum of Art, via Berliner Festspiele
 ja, ich gebe es an dieser stelle zu, diese fische oben habe ich mir als poster gekauft. für entspanntes in die ferne schauen im bad. die verschiedenen blautöne sind es, die es mir besonders angetan haben.
hier noch ein paar mehr exemplare, u.a. natürlich auch das im westen, neben dem blick auf den fuji, vermutlich einzige wirklich bekannte werke, die große welle.
Die große Welle vor der Künste von Kanagawa,  Aus der Serie 36 Ansichten des Berges Fuji, um 1831, Malperiode Itsu © Sumida City, via Berliner Festspiele
Die große Welle vor der Künste von Kanagawa,  Aus der Serie 36 Ansichten des Berges Fuji, um 1831, Malperiode Itsu © Sumida City, via Berliner Festspiele
Die Halle Sazaido des Tempels Goyhaku-rakanji © Katsushika Hokusai Museum of Art, via Berliner Festspiele
 
Die Insel Tsukudajima in der Provinz Musashi, Aus der Serie 36 Ansichten des Berges Fuji, um1831, Malperiode Itsu. © Sumida City, via Berliner Festspiele

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