«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

10/11/2012

ist das heimat?

Ich sehe diese deutsche Landschaft, sagte Austerlitz, so wie sie von früheren Reisenden beschrieben wurde, den großen, unregulierten, stellenweise über die Ufer getretenen Strom, die Lachse, die sich im Wasser tummeln, die über den feinen Flußsand krabbelnden Krebse; ich sehe die dusteren Tuschzeichnungen, die Victor Hugo von den Rheinburgen gemacht hat, Joseph Mallord Turner, wie er unweit der Mordstadt Bacharach auf einem Klappstühlchen sitzend mit schneller Hand aquarelliert, die tiefen Wasser von Vyrnwy sehe ich und die in ihnen untergegangenen Bewohner von Llanwyddyn, und ich sehe, sagte Austerlitz, das große Heer der Mäuse, von dem es heißt, daß sein graues Gewimmel eine Landplage gewesen sei, wie es sich in die Fluten stürzt und, die kleinen Gurgeln nur knapp über den Wogen, verweiflungsvoll rudert, um auf die rettende Insel zu gelangen.
                                                                                                       w. g. sebald, austerlitz, 2001
und das ist noch ein kurzer satz. w.g. sebalds roman austerlitz beschreibt in endloslangen schachtelsätzen - in denen man jedoch selbst nie, im gegenteil zum protagonisten, verloren ist - die suche eines heimatlosen, durch england, frankreich, tschechien, deutschland. das besondere an diesem roman ist auch sebalds collagenarbeit, bilder, skizzen, die seine worte und assoziationen miteinander verbinden, den leser durch die reise leiten und der geschichte ihre echtheit und dem buch plastizität verleihen. bitte lesen!

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