«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

5/13/2011

reisendes gefühl

gestern, ein bericht
eingestiegen in das auto und losgefahren, auch wenn der letzte griff ans steuer lange her ist. im kofferraum schlummert die kunst, die wir einem in der camargue lebenden freund von marie laure de noailles ausgeliehen haben, angeblich einer ihrer letzten liebhaber, wenn auch sehr viel jünger als sie. was er alles gesehen, gehört und erlebt haben muss. 
wir fahren in die camargue und es ist so weit, wie es sich anhört. zunächst vorbei an den calenques von cassis, traumhafte häfen und buchten tun sich zwischen den kalkweißen bergen auf. dann kommt la ciotat. la ciotat, ich erinnere mich, erst dunkel und dann heller: l'arrivée du train en gare de la ciotat, der erste film der brüder lumière. ich werde mich wohl an dieselbe stelle wie sie damals stellen müssen und ein bild eines hereinfahrenden zuges machen, für die erinnerung, obwohl die ja anscheinend schon längst verankert ist. es folgt sanary-sur-mer, noch so ein ort, bei dem der name mich aufhorchen lässt, der süden war zufluchtsort, inspirations- und erholungsquel vieler bekannter namen. die schreibenden trieb es, wenn ich sybille bedford und ihren erzählungen in treibsand vertraue, unter anderem nach sanary-sur-mer, kleinem küstenstädtchen, das bedfor als "sicheren hafen" beschreibt. nach den spuren großer literaten sucht man dort heute allerdings vergeblich.
dann wird es plötzlich flach, reisfelder, weiße pferde und unmengen mücken, die camargue, ein bisschen schwüler dschungel des südens. "an mücken sind sie nicht gewöhnt mademoiselle, oder?", fragt mich der vertreter unseres kunstleihers, der mit tiefgebräunter harter haut, lockerem hemd und leichtem bauch die brille von der nase nimmt, um aus dem schlafzimmer noch ein paar originalfotografien von man ray zu holen. ich fühle mich in der glasveranda, in der sattgrüne pflanzen wuchern und sich ebenso froschgrüne art-deco stühle befinden, in die dreißiger jahre zurückversetzt. ein blick aus dem fenster ruft dann noch assoziationen des dem geheimen garten hervor: "dahinten erstreckt sich sein garten, 2 hektar groß und wild".
auf dem rückweg dann regen, passend zur schwüle, und, wie um wieder in der gegenwart anzukommen, moderne kunst im carré d'art in nîmes. dort wird oberhalb in der obersten etage larry bell ausgestellt, cowboy-artig lächelnder amerikaner der westküste, der ab und an an john baldessari erinnert. aber bell hat nichts von einem künstler mit seiner statur, farmer oder eben cowboy würden eher zutreffen. seine kunst ist minimal und groß, licht und raum, neue techniken und irgendwie ein bisschen science-fiction dazwischen. wir stellen uns eine choreographie vor, um den dunklen glaskubus herum, im spiel mit den lichtkuben, die an jeder seite auf den boden gestrahlt werden, mal sieht man sich im kubus, mal nicht.
müde, aber um viele eindrücke reicher dann die rückkehr.


glasgrün
larry bell, leaning room 1986-1988
bild im bild bild





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