«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

12/29/2011

alt und neu ?!

mir war mal wieder nach Visuellem, da fiel mir die shortlist des deutsche börse fotografie preises 2012 vor die augen und ich wollte einen Blick auf die Auswahl werfen. Aus über 100 sogenannten Experten der Academy - was auch immer diese ist, denn das wird auf der Homepage nicht weiter definiert - nominieren 4 Fotografen, die später eine gemeinsame Ausstellung bestreiten werden und aus denen die ebenfalls vierköpfige Jury den Gewinner herausfischt. Shortlists und Preise spriessen ja wie Pilze im Wald, zu viele eigentlich, aber wir haben ja das Bedürfnis, Talent immer auch zu definieren.

Zunächst wäre da der südafrikanische Fotograf Pieter Hugo, der in seinem letzten Fotoband Permanent Error die Sammler der Müllkippen Ghanas und ihr Leben porträtiert. Die Bilder wirken, als hätte sich noch ein zusätzlicher Staubfilm über sie gelegt und über die Gesichter der Männer, was diese wiederum auf uneimliche Weise zu morts-vivants werden lässt.
Im krassen (anders ist es nicht auszudrücken) Gegenteil dazu, steht die subtile Detailfotografie der Japanerin Rinko Kawauchi, die in ihren Alltagsbildern Ausschnitte magischer Momente erstellt, bzw. ist man sich in Ihrer seit 15 Jahren entstehenden Serie Illuminance oft nicht ganz, sicher, was genau man dort auf dem Bild betrachtet, die Wirklichkeit oder einen Traum?
© Rinko Kawauchi
© John Stezaker She III 2008 Collage
© Pieter Hugo
Bei Künstlern wie dem Briten John Stezaker frage ich mich dann immer, wie denn die Kriterien für diese buntgemischte Auswahl ausgelegt sind? Denn was er macht, ist er eher Collagen-Kunst, als Fotografie. Stezakers Idee, alte und neue Fotografien in Collagen miteinander zu kontrastieren ist zudem wirklich nicht neu und auch, wenn es mir sehr gut gefällt, ist er erstens mit seinen 62 Jahren viel älter als die anderen Nominierten (gut, das ist kein Argument) und eröffnet der Fotografie mit seinen Arbeiten auch keine neuen Ansatzpunkte (oder?).
© Christopher Williams
Als Letzter hat es der Amerikaner Christopher Williams auf die Shortlist geschafft. Er spielt in seinen Bildern, so der Börse-Text, auf die "kommerzielle Fotografie" an und möchte den Bildinhalt in Frage stellen. Im Grunde ergibt sich ein bisschen ein ähnliches Problem wie bei Stezaker, da auch Williams ab und an nicht selbst fotografiert, sondern sich kommerzieller Bilder bedient, um unsere industrielle Gesellschaft zu kritisieren und zu hinterfragen. Seine Technik und den Ort der Austellung bezieht er dabei immer in seine Bilder mit ein. Außerdem ist Williams seit 2008, wie ich bei Texte zur Kunst lesen konnte, Professor der Kunstakademie in Düsseldorf.
Da stellt sich mir die Frage, ob die Deutsche Börse einem Bekanntheitsriecher folgt oder ob sie nicht besser daran täten, nach neuen Talenten ausschau zu halten, die auch wirklich noch einer Förderung bedürfen. 

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