«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

8/16/2012

it's going to get better and better -danse en août #1

auch, wenn uns Lisbeth Gruwez heute Abend etwas anderes verkündet hat. Das Festival Tanz im August hat zwar bereits am 10. begonnen, aber ich bin heute erst in den Tanz gestiegen. Lisbeth Gruwez stellt im Berliner Podewil ihr Solo  It's going to get worse and worse and worse, my friend vor und ich kann ohne Umschweife sagen: das beste Solo, das ich in den letzten Jahren gesehen habe. Warum großes Gerät auffahren, wenn es auch einfach geht. Ein beleuchtetes Quadrat sticht auf der Bühne hervor, darin stehend eine Frau, die Haare streng, aber mit einem gewissen Etwas hochgebunden, weiße Bluse, Anzughose, schwarz glänzende Lackhosen, androgyn. Es ertönt eine Stimme, ebenso streng, autoritär, eine die Massen aufrufende Rede, deren Worte und Sätze sich wiederholen, elektronisch vertont und von Gruwez in sich ebenso autoritäre und strengen Bewegungen übersetzt. Das ganze wirkt jedoch nicht "ganz schön expressiv" und "schwer versätndlich", wie man es sich jetzt vorstellen könnte, sondern könnte deutlicher und gerade deshalb auch schöner nicht sein. Angsteinflösend, weil effizient und man die Massenwirksamkeit der Rede spürt, ohne diese in voller Länge zu hören. Wir bekommen nur Fragmente mit, die jedoch völlig ausreichen und im Grunde würden auch Gruwez Bewegungen und Auftreten bereits genügen. Warum mir trotz der Angst und der Effizienz, die das Solo verdeutlichen, trotzdem immer wieder ein glückliches Lächelen auf den Lippen hing, kommt daher, dass mich Gruwez Choreografie glücklich gemacht hat, die trotz Ecken, Kanten und Stößen in den Tönen ineinanderfließt, den Körper beinahe in seiner biomechanischen Perfektion zeigt und ihn, darin liegt dann nun wieder das schwierige, auch sehr anfänglich für Massenbewegungen macht.
Die belgische Tänzerin und Choreografin Lisbeth Gruwez vertanzt hier die Rede des ultra-konservativen amerikanischen TV-Predigers Jimmy Swaggart. Die Vertonung der Rede und der Schnipsel durch Maarten van Cauwenberghe zeigen das unverständliche Wirrwarr, das daruas entsteht und das es auch in den zuhörenden Menschen auslöst, bis zu dem Punkt, an dem alle die Kontrolle verlieren. Bewegungen und Sprache verbinden sich hier idealst, in posiviter, wie auch in negativer Hinsicht und verdeutlichen einen der diesjährigen Schwerpunkte des Festivals, sind doch beide den Menschen von großer Bedeutung.
lisbeth gruweZ / voetvolk vZw
© Lud Depreitere
Auch der zweite, kürzere, Teil des Abends, fand in diesem Sinne statt. Die junge israelische Choreografin Lee Meir geht in Translation included von dem Satz aus Is it working between us? und dreht diesen in alle Richtungen, teilt ihn auf, verwendet einzelne Worte und verdeutlicht die Veränderungen je nach Situation in einer sich verändernden Körpersprache. Ebenso beeindruckend, humorvoll und extrem kontrollierte Unkontrollierbarkeit.

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