«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

10/02/2011

ein guter Erzähler ist ein besserer Schweiger

heute habe ich einmal mehr erfahren, wieviel freude ein gut geschriebener artikel machen kann (noch zudem in der sonne gelesen). ein weniger interessantes thema kann von einem guten autor einiges an interesse gewinnen. wenn nun auch noch das sujet stimmt...auf der dritte seite der sz vom samstag stellt journalist holger gertz den drehbuchautor sascha arango vor. in der deutschen fernsehlandschaft kenne ich mich noch nicht so gut aus, doch für vier tatort-drehbücher war arango bereits zuständig. der artikel ist eine wunderbar lesenswerte mischung aus interview, ausblick auf den neuen tatort (borowski und die frau am fenster: borowski gespielt von axel milberg und seine neue assistentin gespielt von sibel kekilli, eine kombination, auf die ich schon seit einiger zeit gespannt warte) und darstellung von arangos leben als autor, seine art und weise geschichten zu erzählen, selbst geschichtenerzähler zu sein. selten habe ich so oft laut ausrufen wollen: ja, genau so ist es. es ist dieses geühl, etwas zu lesen, dem man voll und ganz zustimmt, das man selbst jedoch noch nie so präzise formulieren konnte. 
a propos präziser formulierungen verbessert arango seinen interviewer gertz, als dieser ihm sagt, dass man unglücklick verliebt besser schreibe. "Präziser" schreibe man, so arango. weiter in der liebe eröffnet er, der durch einen schweren unfall eine zeit lang im koma lag und alles neu erlernen musste, eine völligst neue und doch wunderbare sicht auf das enttäuscht werden, dass heut so schnell und bei frauen noch schneller, geschieht, "dabei bedeutet enttäuscht sein doch nur, dass die Täuschung endlich vorbei ist. Man ist ent-täuscht. Man sieht wieder klarer. Ich frage mich, was so schlimm daran ist, enttäuscht zu werden."
ab und an ist sascha arango auch als dozent an filmhoschulen tätig und erklärt seinen nach lösungen und tipps lächzenden studenten, anstatt das, was man tun soll, lieber das, was man lassen muss. "Wörter verschwenden, das muss man lassen."
im tatort nun wird also weggelassen, reduziert und der täter soll möglichst auch früh bekannt sein. was bringt es dem zuschauer, 90 minuten nach dem mörder zu suchen, ohne auf das "Wesentliche" zu stoßen, fragt sich arango. borowski und seine wortgeber arango scheinen sich in einigen dingen zu ähneln, beide beobachten sie gerne und überhaupt ist ein guter geschichtenerzähler jemand, der der geschichte durch das eigene leben gewicht verleiht, so arango auf gertz nachfragen. und das arango gerade - siehe oben - sehr präzise schreibt, lässt dies einige rückschlüsse offen. 
heute abend wird jemand sagen "Geh jetzt bitte", arango sollte im deutschen fernsehen bleiben oder zumindest hoffe ich, in zukunft mehr von ihm zu sehen.
der artikel wird wohl ab morgen online zu lesen sein.

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