«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

1/09/2014

going nowhere and everywhere

Jim Jarmusch beherrscht die Kunst des ziellosen Umherwanders, das doch überall hinführt; vielleicht so etwas wie eine "absichtslose Aufmerksamkeit". Seine Dialoge beginnen irgendwo, enden plötzlich, sind nicht in der Situation verwurzelt und sagen doch mehr als jedes andere intentionale Wortgefecht. Only Lovers Left Alive, mit der (auch in Körpermaßen gerechnet) überragenden Tilda Swinton als Vampir Eve und Tom Hiddleston als Vampir Adam (genau), ist wieder so ein 'nothing but everything' Film. Wir, Menschen, sind die Zombies auf der Erden: immer negativ gestimmt, antriebslos, ohne Achtung für die Natur. Die ehrlicheren Bewohner, da es die einzigen sind, die sie zu schätzen scheinen, sind sie, die Vampire, die schon mit Lord Byron Schach spielten und Shakespeare zu Hamlet verhalfen. Und wenn Swinton zu ihrem Filmpartner sagt: "Live is about appreciating nature, surviving things, nurturin friendship, kindness, and dancing,", dann sagt sie das eigentlich zu uns. Lebt mehr, verdammt!

Zur momentanen Wetterlage, dem leidigen Thema, würde auch ihre Fliegenpilz-Ansprache sehr gut passen, wenn sie die kleinen Fungis hinter Adams Haus (einem, genau wie ihre Wohnung, Sammelsurium der Weltgeschichte, aus Büchern, Bildern, jahrzentealten Musikinstrumenten und allem, was die "Kultur", die sich der Mensch konstruiert hat, ausmacht) ermahnt: "You guys shouldn't even be here". Was haben Mitte Januar die Vögel vor meinem Fenster zu suchen und weshalb sind es draußen nochmal 12°? 
"Air Paradis" ist die Fluglinie, mit der Eve von Tangier nach Detroit fliegt, nicht nur geisterhaftes Filmzitat in Jarmuschs Werk (The Limits of Control), sondern auch das, was wir von uns anscheinend von den Vampiren abgucken sollen, das Paradies ist nicht anderswo, sondern hier. "There is water here, this place will bloom".

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