«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

11/03/2010

am ende

der letzte Absatz aus Der fremde Freund von Christoph Hein
 Es geht mir gut. Heute rief Mutter an, und ich versprach, bald vorbeizukommen. Mir geht es glänzend, sagte ich ihr.
Ich bin ausgeglichen. Ich bin einigermaßen beliebt. Ich habe wieder einen Freund. Ich kann mich zusammennehmen, es fällt mir nicht schwer. Ich habe Pläne. Ich arbeite gern in der Klinik. Ich schlafe gut, ich habe keine Alpträume. Ich Februar kaufe ich mir ein neues Auto. Ich sehe hünger aus, als ich bin. Ich habe einen Friseur, zu dem ich unangemeldet kommen kann, einen Fleischer, der mich bevorzugt bedient, eine Schneiderin, die einen Nerv für meinen Stil hat. Ich habe einen hervorragenden Frauenarzt, schließlich bin ich Kollegin. Und ich würde, gegebenenfalls, in eine ausgezeichnete Klinik, in die beste aller möglichen Heilanstalten eingeliefert werden, ich wäre schließlich dann noch Kollegin. Ich bin mit meiner Wohnung zufrieden. Meine Haut ist in Ordnung. Was mir Spaß macht, kann ich mir leisten. Ich bin gesund. Alles, was ich erreichen konnte, habe ich erreicht. Ich wüé nichts,w as mir fehlt. Ich habe es geschafft. Mir geht es gut. Ende.
Irgendwie hat mich dieses Buch besonders zum Ende hin an den Étranger von Camus erinnert, beide Personen stehen dem Leben mit Gleichgültigkeit gegenüber. Wobei es bei Camus viel extremer, naiver und verstörender ist, bis dass die Hauptperson sogar einen Mord begeht, dafür ins Gefängnis muss und schließlich zum Tode verurteilt wird, ohne, dass es sie wirklich berührt oder interesseirt. Auch der Frau in Der fremde Freund ist im Leben eigentlich alles egal, ihr Ex-Mann, ihre Familie, ihre Arbeit und auch mit dem Tod ihres Freunds findet sie sich ab. Es interessiert sie nichts, außer ihrer Landschaftsfotografie und mit der weiß sie, wenn das Bild einmal gemacht ist, nichts mehr wirklich anzufangen, außer sie zu horten. Aber trotzdem wird sie glücklich, irgendwie. Sie findet sich ab. Da liegt der Utnerschied, in L'étranger bemerkt er zum Schluss, wieviel Wert das Leben doch hat, aber da ist es zu spät. Sie hingegen ist letztendlich mit ihrem Leben zufrieden, akzeptiert nüchtern und realistisch, dass das Leben in Ordnung ist oder redet sie sich das nur ein?

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